Wer durch den Avidya-Wald reist, trifft manchmal auf einen ganz besonderen Waldhütermeister, der ein jungenhaftes Gesicht hat.

Wegen seiner langen Ohren und seines flauschigen Schwanzes könnte man ihn mit einem seltenen Waldtier verwechseln.

Aber jeder, der ihn kennt, kennt seine Geradlinigkeit und Zuverlässigkeit.

„Einen Moment, bitte. Nach deiner Ausrüstung zu urteilen, bist du ein Händler auf dem Weg nach Sumeru, oder? Du gehst in die falsche Richtung, komm bitte schnell zurück!"

„Ich meine, sieh dich nur um. Der Wald da drüben ist noch dichter und die Luft noch feuchter. Das sieht auf keinen Fall nach einem Weg aus, der in die Stadt führt, oder?"

„Oje, dein Wasserbeutel ist leer?"

„Komm, ich teile etwas mit dir. In einem Regenwald zu sein, ist kein Grund dafür, beim Trinkwasser zu knausern."

„Wenn du das Wasser hier im Wald trinkst, landest du gleich im 'Bimarstan'."

„Wenn aber das ein Teil von deinem 'Reiseplan' ist, dann bist du ein echt interessanter Typ."

Nach der ganzen Reihe von Anweisungen befand sich der verirrte Händler bereits gut ausgerüstet auf dem richtigen Weg, bevor er sich's versah.

„Ähm ... Vielen Dank! Darf ich aber fragen, wer du bist ...?"

Als die anderen Waldhüter sahen, wie sich der reisende Händler mit ernster Miene vor dem kleinen Waldhütermeister verbeugte, konnten sie ihr Lachen nicht mehr zurückhalten.

„Puh ... haha ... Er ist unser Maha-Wald... nun ja, Waldhütermeister Tighnari."

Abgesehen von der grundlegenden Pflege des Regenwaldes stoßen die Waldhüter oft auf eine Vielzahl von Problemen, die durch menschliche Aktivitäten verursacht werden:

Willkürlich besetzte Lager, auf Kosten der Vegetation errichtete Hütten, Hausmülldeponien mit einem großen Verschmutzungspotenzial und nicht komplett gelöschte Lagerfeuer ...

Da müssen Waldhüter nicht nur die konkreten Probleme lösen, sondern auch deren Verursacher ermahnen. Die Ermahnungen sind jedoch nicht immer richtig ausgedrückt.

Diese Situation hat sich verbessert, seit Tighnari ein Mitglied der Waldhüter wurde.

Es liegt zum Teil an seiner akademischen Herangehensweise. Er wird die Typen, die Unfug angestellt haben, streng „belehren".

Zudem kann Tighnari ihnen die richtige Handlungsweise und die Gründe dafür auf eine sehr verständliche Weise beibringen.

Für Tighnari sind Überlebensanleitungen in der Wildnis auch eine Art von Wissen und es erfordert Geschick, Menschen dazu zu bringen, dieses Wissen aufzunehmen.

Es ist viel effektiver, Fehler und ihre Folgen direkt aufzuzeigen, als nur trockene Ratschläge zu geben.

Aus genau diesem Grund hat Tighnari eine Meinungsverschiedenheit mit der Akademie über die Verbreitung der Akasha-Kontrollgeräte.

Er meint, Wissen ist kein pures Überlebensinstrument, das nur in begrenzten Mengen verteilt wird, sondern ein Schatz, zu dem jedes Lebewesen einen Zugang haben kann, und der von jedem Neugierigen mit großer Begeisterung empfangen werden darf.

Als junger Forscher hat Tighnari leider nicht genug Einfluss, um sich gegen die Akademie durchzusetzen. Er kann nur sein Bestes tun.

Allerdings ist die Realität nicht immer ideal.

So ist es im Avidya-Wald keine Seltenheit, dass ein Pechvogel von Tighnari ganz schön heftig „belehrt" wird.

Als Tighnari zum ersten Mal nach Gandharva kam, war er noch ein ganz normales Mitglied der Waldhüter.

„Anstatt an den nutzlosen ,großen Projekten' in der Akademie teilzunehmen, will ich lieber den Wald auf eine praktische Weise zum Besseren verändern, indem ich mein Wissen einsetze."

Das war Tighnaris Ziel, als er als frischer Absolvent das Amurta-Institut verließ und ein Waldhüter wurde.

Aber schon bald entdeckte er, dass die Waldhüter auch nicht wenige Probleme hatten.

Die Waldhüter waren zwar leidenschaftlich bemüht, den Wald zu schützen, aber ihnen fehlten eine strukturierte Organisation und eine wissenschaftliche Arbeitsanleitung.

Veränderungen waren nie ohne Schwierigkeiten möglich. Und es ist nicht Tighnaris Stil, da wegzugucken.

Er packte schnell die Probleme an, um die Situation zu verbessern.

Er erstellte ein gut strukturiertes Waldpatrouillenprotokoll, teilte die Aufträge entsprechend den Stärken jedes Einzelnen ein und brachte seinen Kollegen regelmäßig Naturkunde bei ...

Mit der Mitarbeit seiner begeisterten Kollegen wurden die Waldpatrouillen um den Avidya-Wald immer effizienter, vor allem im Gebiet Gandharva.

Allmählich wurde dieser kenntnisreiche und proaktive Gelehrte zu jemandem, den die Waldhüter verehrten.

Eines Tages bemerkte Tighnari, dass er eine neue Bezeichnung bekam:

„Hallo, Maha-Waldhüter! Hier ist mein Waldpatrouillenprotokoll, lies das bitte mal durch."

„Maha-Waldhüter! Ich habe in der Nähe vom Chinvat-Tal ein Gepäckstück gefunden und es im Fundbüro abgegeben."

„Oh nein, wo ist Sag denn? ... Ähm, Maha-Waldhüter, hast du vielleicht heute Sag gesehen?"

Tighnari hielt es zunächst für einen Versprecher, aber nach ein paar Malen runzelte er nachdenkend die Stirn.

„Haben wir überhaupt diesen Titel? Oder haben wir so etwas von 'Mahamatra' abgeguckt?"

Kurzum: Am Ende überzeugte Tighnari alle, ihn wieder „Waldhütermeister", „Meister" oder „Herr Tighnari" zu nennen.

„Ich fürchte, 'Maha-Waldhüter' ist ein zu großer Titel für mich."

Das ist ein Grund, den Tighnari seinen Kollegen genannt hat, warum er den Titel nicht mag.

„Oh Mann! Das hat mich an einen Witz über den Titel 'Mahamatra' erinnert ..."

Das ist ein anderer Grund, den er keinem erzählt hat.

Es gab eine Zeit, in der eine bestimmte Pflanze des Waldes unter den Menschen in Sumeru so beliebt war, dass jeder sie kaufen und zum Dekorieren verwenden musste. Mit der Zeit wurde es zum Trend.

Aber bedauerlicherweise konnte diese Pflanze eines Tages kaum noch im Regenwald überleben und selbst frisch gepflückte Blumen waren so schwach, dass sie binnen ein, zwei Tagen verwelkten.

Die verwelkten Blumen wurden weggeworfen und wurden zu sich stapelndem Abfall. Wer auch immer sie sah, fühlte starkes Bedauern.

So konnte es wirklich nicht weitergehen. Nicht nur, dass sich der Müll stapelte und es zu Verschmutzung kam, nein, es gab auch noch die reale Gefahr, das Ökosystem des Waldes zu zerstören.

Als alle Waldhüter darum besorgt waren, schlug Tighnari den Blumenverkäufern auf dem Markt einen besonderen Handel vor:

Waldhüter würden den Händlern helfen, frische Blumen zu sammeln, und sie diese kostenlos zur Verfügung stellen. Die Händler würden jedoch eine zusätzliche Dienstleistung anbieten: Sie würden allen Käufern einen Gutschein anbieten, wenn sie am Folgetag die noch nicht verwelkten Blumen zurückbrächten. Wenn sie dann am übernächsten Tag zum Stand zurückkämen, könnten sie den Gutschein gegen eine Dekoration aus Trockenblumen eintauschen.

Natürlich war Tighnari dafür zuständig, die Waldhüter zu unterweisen, wie sie die Dekoration aus Trockenblumen herstellen konnten. Bezüglich der Herstellungsgebühren, der Frage, ob Geld gezahlt werden sollte, beziehungsweise wie viel Geld, das sollte den Käufern der Blumen offen stehen, wie bei einer Wohltätigkeitsaktion.

Von diesem Geld sollte, abzüglich eines Anteils für den Verkäufer als Gebühr für die Rücknahme der Pflanzenreste, zur Unterstützung der Waldhüter beim Schutz des Waldes verwendet werden.

Die Zusammenarbeit war ein großer Erfolg: Die Blumenhändler konnten sich den Ärger des Eindringens tief in den Wald zum Sammeln der Pflanzen sparen und sogar zusätzliche Einnahmen verbuchen; die Waldhüter konnten mit wissenschaftlichen Methoden den Sammelprozess und die Sammelmenge kontrollieren und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen erhalten; die zahlenden Kunden erhielten nicht nur eine sie für kurze Zeit begleitende frische Blume, sondern auch ein lange haltbares Erinnerungsstück.

Das Ergebnis war vollkommen zufriedenstellend, aber unter den Waldhütern gab es manche, die diese Herangehensweise nicht verstehen konnten: „Warum haben wir nicht gleich das Pflücken dieser Blumen verboten? Wäre das nicht viel einfacher?"

Wann immer Tighnari solche Zweifel vernahm, schüttelte er lange den Kopf, wodurch seine Ohren wackelten.

„So einfach können wir uns das nicht vorstellen. Wenn wir solche Zwangsvorschriften einfordern würden, wären wir wie ein sturer Lehrer, der oberlehrerisch seine Schüler belehrt. Statt Erkenntnis würden wir nur Ablehnung und Zuwiderhandlungen ernten."

„Dann hätten wir alle Hände voll damit zu tun, uns um Leute, die dagegen verstoßen und Blumen pflücken, zu kümmern. Geschweige denn, dass es unser Image als Waldhüter schadet"

„Und außerdem kann sich der Trend auch ändern, macht euch keine Sorgen, schon bald werden die Menschen ihre Augen auf andere Begehrlichkeiten richten."

Diese Worte waren pragmatisch und fanden sofort die Anerkennung aller, Collei nickte besonders energisch mit dem Kopf.

„Die Dekorationen aus Trockenblumen, deren Herstellung der Meister uns beigebracht hat, sind bei Kindern auch sehr beliebt!"

Angehörige von Tighnaris Art erwecken aufgrund ihrer Seltenheit und ihrer unklaren Aufenthaltsorte oft den Eindruck, Einzelgänger zu sein.

Aber Tighnari ist da ein wenig anders.

Er vergräbt seinen Kopf zwar in der akademischen Forschung und engagiert sich nicht darin, Beziehungen mit Menschen zu pflegen, aber aus einer Reihe von Gründen konnte er eine ganze Reihe von Bekanntschaften machen.

In frühen Jahren, als Tighnari an der Akademie studierte, suchten ihn aufgrund seiner herausragenden Studienleistungen nicht wenige Kommilitonen auf, auf dass er ihnen bei ihren Kursen hälfe. Sobald seine Seminarkurse endeten, gab er den Anfragen auf gemeinsame Fotos meist nach.

Er konnte sich darauf zwar keinen Reim machen, aber er stimmte doch zu.

Daher hing ihm schnell der Ruf an, alles zu können und sehr wortgewandt zu sein, weshalb immer mehr Menschen danach wetteiferten, ihn aufzusuchen, sogar die Studenten der anderen Schulen baten ihn um Zusammenarbeit.

Bis zu jenem Tage schließlich, als diese „Beliebtheit" die Aufmerksamkeit des Mahamatra Cyno auf sich zog:

Parteienbildung, Kräfteansammlung ... Wenn das nicht die Vorboten der Korrumpierung des akademischen Systems waren!

Nach einer langen Zeit der heimlichen Beobachtung und Überwachung, stellte Cyno fest, dass Tighnari nur aufgrund seines überbordenden „Wohlwollens" häufig von anderen Menschen aufgesucht wurde.

Und Tighnari selbst kümmerte sich nur um Forschungsangelegenheiten und interessierte sich gar nicht für die Angebote der anderen.

Er stimmte einigen wenigen Kooperationsanfragen zwar zu, aber ausschließlich, um seine Forschung ideal voranzutreiben.

Schließlich gelangte Cyno zu folgendem Urteil: Dies ist ein wirklich aufrichtiges und verlässliches Talent, nicht durch irgendetwas vom rechten Pfad abzubringen. Kein Gefährdungspotenzial vorhanden."

Und gerade, weil er diesen unbefleckten Eindruck vermittelte, ließ der Mahamatra, der für seine Distanz zu den Intellektuellen und Gelehrten bekannt war, seine Vorsicht ihm gegenüber fallen und schloss schließlich Freundschaft mit Tighnari.

All dies kam für Tighnari zusammen und führte zu einer weiteren schicksalhaften Begegnung Tighnaris mit einer neuen Kameradin.

„Ist der Name dieser jungen Dame ... Collei?"

„Es ist nicht schlimm, wenn du nicht lesen oder schreiben kannst. Mach dir keine Sorgen. Jeder fängt überall erstmal klein zu lernen an, da bist du nicht anders als andere."

„Wie wär's, wenn wir den ersten Kurs mit dem Schreiben deines Namens anfangen?"

Alle, die Forschung lieben, teilen die gleiche Freude daran und die gleiche Neugier für das Unbekannte.

Tighnari ist da keine Ausnahme. Diese Neugier scheint ihm angeboren zu sein.

Während die Kinder in seinem Alter noch Märchengeschichten lasen, hat er schon die wissenschaftlichen Bücher seiner Eltern von oben bis unten durchgelesen.

Er lieh sich von seinem Vater, einem Insektenforscher, allgemeine Einführungen, und von seiner Mutter, eine Paläobiologin, stibitzte er Zeichnungen von Fossilien ...

Und so nahm er alles Wissen, was auch immer er verstand oder auch nicht verstand, in sich auf, während er seinen Schwanz ruhig hielt.

Aber allmählich stellte Tighnari fest, dass wenn die Dinge, die er wusste, mehr wurden, auch die ihm unbekannten Dinge, die er erfahren wollte, mehr wurden.

Zum Beispiel, warum andere Menschen, anders als die Mitglieder seiner Familie, keine solchen Ohren und keinen Schwanz hatten.

Als er so durch die Bibliothek seiner Familie stöberte, fand er ein altes, von seinen Vorfahren hinterlassenes Manuskript, welches sich mit den „Valuka Shuna" befasste.

Den Aufzeichnungen zufolge waren die Valuka Shuna einst das Volk von „König Deshret" und lebten inmitten der weiten Wüste. Die meisten von ihnen hatten helle Haut und Haare und riesige Ohren, die gut zum Ableiten der Hitze geeignet waren.

Schließlich ereilte sie eine Katastrophe. Das Reich von König Deshret ging deshalb unter. Die Valuka Shuna aber überlebten durch die Gnade der Göttin der Pflanzen, wodurch ihre Haut und Haare grün wurden.

„... Es muss erwähnt werden, dass die Valuka Shuna den Aufzeichnungen zufolge zwar eher dem Fuchsvolk ähnelten, ihr Name aber 'große Hunde der Wüste' bedeutet."

„Laut meinen mit dem Wald eng verwurzelten menschlichen Freunden, waren es kleine als 'Aranara' bekannte Kreaturen, die ihnen diesen Namen gaben."

„Bei den Sieben!", sprach der kleine Tighnari erschrocken, als er das las, „ich bin also ein großer Hund der Wüste!"

Genauer gesagt, war es so, dass Tighnaris Vorfahren die Eigenschaften von den Valuka Shuna teilweise geerbt haben, weil sie mit ihnen zusammenlebten.

Aber in den Augen des begeisterten kleinen Kindes war dies nicht wichtig. Tighnari verlangte daher sofort von seinem Vater, ihn bei der nächsten Expedition in die Wüste mitzunehmen, um ihn, „den großen Hund der Wüste", in seine Heimat zurückzubringen!

Das Ergebnis war völlig unerwartet: Noch keinen Fuß in die Wüste gesetzt, war es Tighnari von der Sonne schon ganz schwindelig geworden, weshalb er sofort in den Regenwald zurückgebracht wurde.

„Bei den Sieben", als der kleine Tighnari im Baumhaus wieder zu sich kam, war er sehr traurig, „wie konnten die großen Hunde der Wüste meiner Generation solche evolutionären Rückschritte machen?"

Viele Jahre später ist aus dem verwirrten Kind ein verlässlicher Gelehrter geworden und aus dieser furchtbaren Erfahrung eine unterhaltsame Anekdote.

Der Tighnari von heute weiß nicht nur, warum die kleinen Aranara einen solchen Namen vergeben hatten, er wusste auch, warum er in der Wüste so einfach das Bewusstsein verloren hatte.

Die erste Frage lässt sich einfach beantworten: Sowohl Füchse als auch Hunde gehören zu den Hundeartigen. Der Aranara, der den Namen gewählt hatte, war also wahrscheinlich besonders belesen.

Bezüglich der zweiten Frage ... Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, war es wahrscheinlich so, wie sein Vater damals lachend gesagt hatte:

„Das Grün im Fell dieses Jungen wird langsam schwarz, da kann er die Wüstenhitze bestimmt nicht aushalten!"

Als der kleine Tighnari alleine auf Expedition im Regenwald war, führte er immer eine Lupe mit sich.

Das war ein Geschenk seiner Mutter: Leicht und einfach mitzuführen, genau und schnörkellos, kurzum, ein für ein Kind gut geeignetes Werkzeug.

„Mit deinen Ohren kannst du schon sehr ferne Dinge hören, nimm diese Lupe, um ganz kleine Dinge zu sehen!"

Als Tighnari die Lupe benutzte, sah er die kleinen Härchen auf der Rückseite von Blättern, den Staub auf Schmetterlingsflügeln, die Spuren von Schlangen im Wald ...

Auf Grundlage dieser Beobachtungen, Sammlungen und Gedanken wurde er vorzeitig beim größten Institut der Akademie, der Amurta zugelassen, wo er mit dem großen Weisen der Lebenskunde seine akademische Reise beginnen sollte.

Tighnari legte seine oft genutzte und überall mit Kratzern versehene Lupe in das gerade erhaltene Einladungsschreiben der Akademie, stütze seinen Kopf auf seine Hände und überlegte eine Weile.

Schließlich machte er diese Lupe, die ihn seine gesamte Kindheit begleitet hatte zu einem Schmuckstück, dass er an seiner Kleidung anbringen konnte.

Er wusste, dass er nach dem Zutritt zur Akademie noch rätselhaftere, noch tiefer gehende Bücher lesen würde, auf noch ausgefeiltere Maschine stoßen würde. Er wusste, dass diese alte, für einen jungen Forscher nützliche Lupe, nun keinen praktischen Nutzen mehr für ihn haben könnte.

Er aber blieb für immer jener Wissen suchende, andere anleitende Geselle, der sich eine immer breitere Welt öffnete.

An der Akademie müssen sowohl Studenten als auch Beschäftigte andauernd an den verschiedensten akademischen Konferenzen teilnehmen.

Die Redner auf der Bühne sprechen geradeheraus, die Zuhörer feuern sie energisch an – ein häufiger Anblick auf akademischen Konferenzen.

Aber wie genau sollen, die insignifikanten Wissenssucher beim Erkunden des weiten Meeres des Wissens nie einen Fehler machen?

Auf einer Konferenz an der Tighnari teilnahm, sprach ein Gelehrter von Dingen, die allem, was Tighnari wusste, widersprach.

Damals war Tighnari lediglich ein zuhörender Student, unterbewusst schaute er sich überall um, doch keiner der anderen anwesenden Studenten und Lehrer ließ sich eine Reaktion anmerken.

Was sollte er tun? War es etwa so, dass sie den Fehler alle bemerkt hatten und dem Redner die Schmach ersparen wollten, vor aller Augen widerlegt zu werden?

Oder konnte es sein, dass nur er den Fehler festgestellt hatte und dieses fehlerhafte Wissen sich überliefern würde, wenn er jetzt nicht seine Sicht äußerte ...

Nach kurzem Zögern entschied sich Tighnari an seiner Ansicht festzuhalten.

Die Nachteile seiner Rolle als Student und der räumlichen Situation zum Trotz gewann seine strenge Haltung zum Wissen die Oberhand.

Das Wissen ist so wie die am Nachthimmel funkelnden Sterne, durch nichts zu erschüttern.

Mit solchen Gedanken beladen hob Tighnari die Hand und ergriff das Wort.

„Entschuldige bitte, erlaube mir dich kurz zu unterbrechen ..."

Als er die zarte Stimme aus dem Saal vernahm, war der Gelehrte auf der Bühne ein wenig überrascht, reagierte dann aber schnell und bat Tighnari sich zu erklären.

Es sollte sich bewahrheiten, dass Tighnari das richtige tat.

Nachdem der Gelehrte auf der Bühne genügend verstanden hatte, nahm er Tighnaris Kritik ruhig an.

Nachdem sie das Gespräch der beiden zu Ende verfolgt hatten, sprachen sich einige andere Studenten und Professoren aus, das Gespräch hatte eine ganze neue Forschungsrichtung geöffnet. Tighnari erhielt im Rahmen der Diskussion sogar noch die Namenskärtchen einer ganzen Reihe von berühmten Gelehrten.

Nachdem ein wenig Ruhe in die Sache eingekehrt war, kam auch Tighnaris Seele selbst ein wenig zur Ruhe.

Welche ein Glück ... Oder nein, so eine Freude mit einem, akademische Forschung genauso ernst nehmenden Menschen diskutieren zu könnne.

Zu dieser Zeit hätte Tighnari nicht zu träumen gewagt, dass noch größere Freude noch auf ihn wartete.

Als er sich nach Ende der Konferenz von seinem Zuschauerplatz erhob, hörte er ein klares „Klonk".

Er drehte sich um und begriff, dass es das Geräusch eines Göttlichen Auges sein musste, das aus der Garderobe auf seinen Sitz gefallen war.