Amber ist ein Kundschafter des Ordo Favonius. In einer Zeit, in der Kundschafter als überholt gelten, nimmt sie ihre Verantwortung weiterhin gewissenhaft wahr.
Es dauert meistens nur ein paar Tage, bis sich ein Neuling in Mondstadt bei diesem leidenschaftlichen Mädchen ganz wie zu Hause fühlt.
Ganz gleich, ob vor dem Schild des Hirschjägers, den Ufern des Mostsees oder bei den Baumwipfeln am Windstieg, überall sind Spuren dieses wachsamen feuerroten Kundschafters zu finden.
Wenn sie einmal eine verdächtige Person entdeckt hat, kann sich derjenige ihrem Verhör auf keinen Fall entziehen.

Schon in jungen Jahren hatte Amber stets grenzenlose Energie und eine positive Lebenseinstellung.
Jeden Tag brennt feurige Begeisterung in ihr, die sie wie einen Wirbelwind durchs Leben gehen und jedes Hindernis zerschmettern lässt, das ihr im Wege steht.
Manchmal kann ihre übermäßige Energie sie jedoch zur Unruhe anstiften.
Unnötig zu sagen, dass sie in jungen Jahren eine ziemliche Handvoll war. Zu ihren berüchtigten Taten gehörte unter anderem, versehentlich ein Vogelnest auf den Kopf ihres Großvaters fallen zu lassen, während sie versuchte, die Eier daraus zu stehlen, oder die Blätter eines Dendro-Schleims in Brand zu setzen, wodurch er wie eine wild gewordene Tarantel umherrannte. Diese kleinen Ablereien waren für die Jäger am Ende aber immer große Probleme.
Irgendwie war Amber aber immer in der Lage, dem Tatort zu entkommen, wenn sie etwas anrichtete, und nicht einmal ein Veteranenkundschafter konnte sie einholen. Jedes Mal war es Ambers Großvater, der, wenn das Fehlverhalten seiner Enkelin einen weiteren Vorfall verursachte, zur Schadensbegrenzung gezwungen wurde.
Für Amber war die stille, bedingungslose Liebe ihres Großvaters wie eine warme Brise, die sich wie eine Decke um sie wickelte. Sie wusste, dass er sie aufgrund dieser Liebe akzeptierte und die Verantwortung für ihre Taten übernahm, und sie nahm sie gern an.
Erst an dem Tag, an dem ihr Großvater von den Rittern des Ordens zurücktrat, verstand sie endlich das volle Ausmaß der Verantwortung, die er all die Jahre getragen hatte.

Ambers Großvater war einst der Anführer einer Söldnergruppe. Er kam gerade aus Liyue und wurde damit beauftragt, Handelskarawanen auf ihrer Reise durch Teyvat zu beschützen. Eines Tages jedoch fiel eine der Karawanen bei einer routinemäßigen Eskorte einem Monsterangriff zum Opfer. Er war der einzige Überlebende und wurde von einem Arzt des Ordo Favonius gerettet.
Da er sich nach dem Vorfall schämte nach Hause zurückzukehren und er sich tief in der Schuld des Arztes befand, beschloss er, sich den Rittern des Ordo Favonius anzuschließen, und begann, sie auf Missionen zu begleiten.
Kurz darauf gründete er eigenhändig die Kundschaftertruppe, trainierte jeden einzelnen von ihnen und führte sie auf Missionen.
Es dauerte nicht lange, bis er im fremden Mondstadt die wahre Liebe fand und eine Familie gründete.
Jahre später wurde Amber in diese Familie hineingeboren. Tagsüber hockte sie oft am Fenster und sah ihm heimlich zu, wie er die Kundschafter trainierte. Nachts schlich sie sich in den Hof und übte die Bewegungen, die sie am Tage gesehen hatte.
Ambers Großvater war gerührt von ihrer Begeisterung und beschloss, ihr alles beizubringen, was er wusste.
„Als Mondstadt mich akzeptierte, wurde es zu meiner Heimat. Dann habe ich beschlossen, über mein neues Zuhause zu wachen. Vielleicht erbst du ja eines Tages diese Verantwortung ... Hah, aber wer weiß, was die Zukunft bringt?“
Als die grobe Haut der Hand ihres Großvaters ihr über den Kopf streichelte, nickte sie ernsthaft und energisch als Antwort.

Vor etwa vier Jahren ereignete sich etwas, das Amber von da an tiefgreifend veränderte.
Es war der Tag, an dem ihr Großvater sein Wappen und seinen Säbel in seinem Büro liegen ließ und ohne jemandem Bescheid zu sagen, ja nicht mal eine Notiz zu hinterlassen, einfach so verschwand.
Er war das schlagende Herz und das Rückgrat der Kundschafterdivision gewesen und ohne seine vorbildliche Führung wurden sie undiszipliniert und verloren ihr gewisses Etwas.
Einige gescheiterte Operationen später stand die Kundschaftertruppe kurz davor abgeschafft zu werden. Letztendlich einigte man sich darauf, die Division als Teil des Ritterordens aufrechtzuerhalten, aber auch nur dem Namen nach. Erfahrenere Mitglieder wechselten entweder in eine andere Abteilung oder traten ganz zurück und so blieben nur wenige Außenseiter übrig, sodass nicht mehr genug Leute da waren, um ihre täglichen Patrouillenpflichten zu erfüllen.
Darüber hinaus erschwerten Gerüchte, dass Ambers Großvater zum Feind übergelaufen war, die Wiederherstellung der Kundschaftertruppe noch mehr.
Amber hatte all dies persönlich erlebt, da sie gerade zu den Kundschaftern zugelassen wurde, als alles begann. Mit dem Niedergang ihrer Division erlebte sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen echten Verlust und echte Enttäuschung. Sie war nicht mehr ihr sorgloses früheres Ich, sondern fasste neue Entschlossenheit. Sie würde erwachsen werden und so schnell wie möglich zu einer wahren Kundschafterin werden, egal was dazu nötig war.
Sie hatte noch nie zuvor einen konkreten Plan gemacht und ihr fehlte die Reife, um zu wissen, wo sie anfangen sollte. Aber was sie hatte, waren Zuversicht und Mut und davon reichlich.
Sie wollte allen zeigen, dass sie die Entschlossenheit ihres Großvaters geerbt hatte, und wollte herausfinden, wohin er gegangen war.
Noch wichtiger war jedoch, dass sie die frühere Rolle ihres Großvaters erben wollte, um eine treue Beschützerin ihrer Heimat zu werden.

Das Leben beim Ritterorden war für Amber am Anfang nicht einfach.
Da sie so jung war und sie gerade das Trauma durchlebt hatte, ihren Großvater zu verlieren, kümmerten sich die älteren Mitglieder besonders um sie.
Jedoch für jemanden wie sie, der so verzweifelt war, sich zu beweisen, bedeutete die Betreuung durch andere, dass sie keine Erfahrung sammeln konnte, um auf eigenen Beinen zu stehen.
Daher suchte sie unersättlich nach weiteren Verantwortlichkeiten und machte diese dann so sichtbar wie möglich, um sie anderen zu zeigen.
Schließlich bemerkten die anderen Mitglieder während eines intensiven Kampfes mit einigen Monstern ihre Tapferkeit und ihren Einfallsreichtum in der Hitze des Gefechts.
Dies war der Moment, als sie begriffen, ihr kleines Mädchen wurde erwachsen.
Als sie dementsprechend behandelt wurde, fühlte sich auch wohler in ihrer Haut. Egal welche Rückmeldungen sie erhielt, sei es Lob, Zurechtweisung, Schweigen oder Spott, war ihre Antwort immer dieselbe.
„Natürlich habe ich noch einen weiten Weg vor mir, bevor ich meine Vorgesetzten einholen kann. Aber eines Tages werde ich der beste Kundschafter aller Zeiten sein!“
Amber neigt nicht zum Überlegen und zieht es vor, bei jeder Gelegenheit ehrlich und offen ihre Meinung zu äußern.
Sie glaubt fest daran, dass sie ihren Großvater nicht enttäuschen wird.

Heute ist Amber immer noch der Wildfang, der sie immer war, und brennt mehr denn je mit endloser Leidenschaft und Energie.
Jetzt, da sie erwachsen ist, hält Amber an den Lehren ihres Großvaters fest, während sie die Flügel ihres Windgleiters ausbreitet und mit dem Auge eines Adlers über die Stadt der Freiheit wacht, dabei aber vorsichtig bleibt wie ein Häschen.
Der „Feuerrote Ritter“ ist in ganz Mondstadt bekannt.
Die Menschen freuen sich, das schelmische kleine Mädchen zu sehen, das nun die Wächterin ist, auf die sie sich verlassen können.
„Keine Angst, Kundschafterin Amber ist da!“
Ihr Selbstbewusstsein ist einfach unerschütterlich.
„Ich bin Kundschafterin Amber und auch der einzige Kundschafter, was mich somit zur besten macht, die es weit und breit gibt!“

Amber schreibt nicht jeden Tag in ihr Tagebuch, sondern nur, wenn sie auf etwas stößt, das es besonders wert ist, in ihr Abenteuer-Tagebuch aufgenommen zu werden.
„Ich habe endlich den magischen Vogel gefangen! Er heißt Rami. Drei Tage lang hab ich ihn verfolgt und heute erst habe ich Zeit für eine Verschnaufpause und etwas zu essen. Der magische Vogel ist ein gerissenes Tier, er hat sich sogar vor mir im dichten Wald versteckt. Was für ein Glück, dass ich nicht so leicht aufgebe! Das Wichtigste aber ist, dass Jean mir als Belohnung erlaubt hat, ihm eine Feder abzunehmen! Die werde ich dann an meinen Hosenbund knüpfen und jeden Tag stolz zur Schau tragen, hehe!“
„Laut meinem Kochbuch soll man es sechs Minuten lang grillen, aber jetzt ist die Oberfläche des Steaks schon fast verbrannt und das Innere ist immer noch nicht gar ... Ob es wohl ein Problem mit der Wärmequelle gibt? Wenigstens ist mein Magen heute schon gefüllt. Morgen werde ich es erneut versuchen. Eines Tages werde ich das beste, leckerste gegrillte Steak machen! Für einen Namen habe ich mich auch bereits entschieden und er lautet: Kundschaftersteak!“
„Heute habe ich eine seltsame fremde Person getroffen. Das erste, was mir verdächtig vorkam, war, dass ich, als ich näherkam, eine sehr mächtige Aura von ihr spürte, aber gleichzeitig auch das Gefühl, dass sie eine sehr zuverlässige Person ist. Wenn ich so darüber nachdenke, sollte ich wirklich eines Tages einer bösen Person begegnen, die genauso stark ist, wird es wirklich schwierig für mich. Auf keinen Fall, nein, ich darf nicht zurückfallen, ich muss härter arbeiten und härter trainieren!!“

Amber dachte einst, dass sie, solange sie die Pflichten ihres Großvaters fortführen würde, eines Tages verstehen würde, warum ihr Großvater Mondstadt einfach so verlassen hatte.
Jedoch selbst als sie offiziell zum Kundschafter wurde, konnte sie das Rätsel um das abrupte Verlassen ihres Großvaters ohne einen Abschied nicht lösen.
Ihr Großvater hatte ihr damals nichts hinterlassen und so lag ihre Zukunft in ihren eigenen Händen.
Amber war lange Zeit verwirrt und erschüttert darüber, bis sie eines Tages ein altes Fabelbuch fand, welches zu ihrem bestgehüteten Schatz wurde.
„Was euch fehlte, war nicht der Wind, sondern der Mut. Er war es, der euch erlaubte, in die Lüfte zu steigen.“
Amber erkannte, dass sie gar nicht auf die Führung eines anderen angewiesen war, sondern ein mutiger Vogel werden sollte, der alleine in den Himmel fliegt.
Es muss „Dinge geben, die nur ich beherrsche“, und es muss „Dinge geben, die nur ich tun kann“.
In dem Moment, als ihr alles klar wurde, leuchtete ein „Göttliches Auge“ hell an Ambers Hosenbund auf.