Der Begriff „Goldbrigade“ bezieht sich nicht auf eine feste Gruppe, sondern auf Söldner aus der Wüste, die als Erwachsene ihren Lebensunterhalt mit Waffengewalt verdienen.

In dieser trostlosen Welt sind alle Menschen gleich klein. Um zu überleben, schließen sie sich zusammen und bilden eine lockere Söldner-Organisation.

Die Goldbrigade hat viele Mitglieder, aber die meisten von ihnen sind dazu verdammt, vom gelben Sand vergessen zu werden. Nur einige der besten, wie Dehya, werden in Erinnerung bleiben.

Dehya, die „Feuermähne“, ist mutig und wild. Der Löwe symbolisiert ihre Macht und die wilde Mähne steht für ihren leidenschaftlichen Charakter.

Wenn du einen Söldner als Leibwächter anheuern willst, solltest du Dehya in Betracht ziehen. Der Preis ist nicht billig, aber ihre Fähigkeiten sind es wert.

Im Vergleich zu den schlauen und betrügerischen Söldnern, die auf den Straßen des Karawanen-Ribats mit ihren Fähigkeiten prahlen, oder den Neulingen, deren einziges Talent ihre Kräfte sind, ist Dehya viel umsichtiger und zuverlässiger.

Nun, genug geredet. Wenn du sie anheuern willst, entscheide dich bitte so schnell wie möglich. Es gibt eine lange Schlange von Leuten, die Dehya einstellen wollen. Wenn du zögerst, verlierst du schon deine Chance.

Alle Wüstenbewohner, einschließlich Dehya, lernen von Geburt an, die Wüste zu verstehen.

Der blaue Himmel ist ewig blass und hat kein Ende. Die goldenen Sanddünen reichen bis zur Grenze zwischen Himmel und Erde. Wenn man in einer solchen Umgebung lebt, fühlt man sich ständig klein.

Selbst diejenigen, die an den Anblick von Wüstenlandschaften gewöhnt sind, werden immer noch von der majestätischen Kraft der Natur beeindruckt, dass ihnen der Gedanke kommt, den Sand unter ihren Füßen zu küssen.

Schwache Herzen fürchten sich vor diesem Land. Nur starke Seelen wagen es, sich in dem herrlichen Sandmeer auszutoben.

Die wagemutigsten unter den Wüstenbewohnern sind die Söldner der „Goldbrigade“. Sie ignorieren die grausame Umgebung und sind ihr ganzes Leben lang in der Wüste unterwegs.

Es ist kein leichtes Leben, daher sind für Söldner Menschen, die sich umeinander kümmern können, genauso wertvoll wie Blutsverwandte.

Als Dehya jung war, bestand ihre „Familie“ aus ihrem Vater und den Mitgliedern der Brigade.

Als sie erwachsen war und auf eigenen Füßen stand, wurde ihr Zuhause die Söldnerbrigade „Lodernde Bestien“ und deren Mitglieder ihre neue „Familie“.

Nachdem sie lange Zeit miteinander gekämpft haben, verstehen sie sich so gut, dass sie die Gedanken des anderen sofort mit einem Blick oder einem Kopfnicken verstehen können.

Später, wenn Dehya kurz die Wüste verlässt und in den fernen Regenwald geht, um den Auftrag ihres Arbeitgebers zu erfüllen, vermisst sie immer noch die Lieder, die sie gemeinsam am Lagerfeuer singen.

Wo auch immer sie hingeht, sie bleibt die Tochter der Wüste.

Ohne jetzt auf die einzelnen Unterschiede eingehen zu wollen; allgemein heißt es doch, dass Frauen Männern in ihrer körperlichen Konstitution etwas unterlegen seien.

Dehya gehört nicht zu denen, die mit großer Stärke geboren wurden. Trotzdem genießt sie unter den Söldnern nach wie vor große Wertschätzung, und das nicht ohne Grund.

Zunächst einmal mag sie zwar nicht die Stärkste in der Söldnergruppe sein, aber stark genug ist sie allemal.

Solltest du daran zweifeln, dann los, hab mal ihr Schwert an. Wenn du eine so große Waffe derart behände schwingen willst, brauchst du schon eine gewisse Portion Muskeln.

Und nicht zu vergessen, ihr ausgeprägtes Kampfverständnis. Es ist weithin bekannt, dass Dehya mit der Wahl einer sperrigen Waffe wie des Großschwerts zwangsläufig einen Teil ihrer Beweglichkeit einbüßt. Sollte mal ein Schlag daneben gehen und der Gegner mobil genug sein, kann ihre wuchtige Klinge ihr schnell zum Nachteil werden. In solchen Momenten muss sie sich auf ihre überlegene Beobachtungsgabe und ausgezeichneten Kampffähigkeiten verlassen, um ihren Gegner zu überwinden.

Hin und wieder entledigt sie sich ihrer Waffe und kämpft dann mit bloßen Fäusten, und manchmal verschafft ihr dies die Gelegenheit, das Kampfesglück eiskalt zu wenden. Wie genau dies geschieht, hängt von der jeweiligen Situation auf dem Schlachtfeld ab.

Abgesehen vom Kampf beherrscht sie zahlreiche Überlebenstechniken in der Wüste.

Die häufigsten Aufträge, die Wüstensöldner erhalten, bestehen meist darin, als Leibwächter gegen Überfälle zu fungieren, gefährliche Tiere in der Wüste zu vertreiben und ihre Auftraggeber vor verheerenden Wetterbedingungen zu bewahren.

Manchmal fungieren sie auch als Reiseführer und helfen Karawanen, Abenteurern und Gelehrten, ihren Weg zu finden.

Dehya weiß genau, wie man mit aufgebrachten Horden von Skorpionen umzugehen hat, wie man Geier umgeht, um nicht in die Fänge dieser flinken Plagegeister zu geraten, und wie man bei Überfällen richtig verhandelt, um Konflikte zu vermeiden.

Für den Auftraggeber ist es am wichtigsten, Probleme so schnell wie möglich aus dem Weg zu räumen. Ein Söldner sollte deshalb nicht nur gut kämpfen können, wenn er sich einen Namen machen will.

Inmitten des Sandes ist es zweitrangig, ob man es nun mit hundert oder tausend Mann aufnehmen kann. Wenn sich erst einmal ein gewaltiger Sandsturm erhebt, werden alle Krieger gleichermaßen begraben.

Ein cleverer Söldner weiß, wann er kämpfen und wann er sich zurückziehen sollte. Die oberste Regel ist daher, das Ziel im Kampf zu erreichen, während man sich aus der Bedrohung zurückzieht.

Wie Dehya sich immer mehr einen Ruf in der „Goldbrigade“ erarbeitete, konnten auch die Mitglieder ihrer Gruppe ihren Stolz darüber nur schwer weiter verbergen. Als eines Tages zufällig alle anwesend waren, äußerten die rüpelhaftesten ihrer Gefährten dann den Wunsch, ihr einen Spitznamen zu geben, der ihrer würdig war.

Es wurde vereinbart, dass dieser Titel in Zukunft immer dann ausgerufen werden sollte, wenn sie einen Kampf gewonnen hatte. Er musste also beeindruckend sein, sodass man Gänsehaut bekam, wenn er ausgesprochen wurde.

Die jüngsten Mitglieder hängten sich am meisten rein und plauderten darüber, wie sie Dehya einen möglichst blutrünstigen und angsteinflößenden Namen geben könnten, bei dem die vorbeiziehenden Händler schon beim bloßen Hören die Flucht ergreifen würden.

Dehya war keine unerfahrene Söldnerin mehr, die noch grün hinter den Ohren war, und sie wusste, dass die Furcht und der Respekt, den andere ihr entgegenbrachten, nicht an einem bloßen Namen festgemacht werden konnten. Aber da sie alle so eine Freude daran hatten, störte es sie auch nicht.

Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als sie sich die verschiedenen schlechten Ideen der Leute anhörte. Die Atmosphäre erinnerte sie an ihre Kindheit, als sie noch den Geschichten ihres Vaters lauschte. Damals pflegte er alle zu unterhalten, indem er Mitglieder der Gruppe dazu brachte, Aufführungen heldenhafter Rettungsaktionen von Jungfrauen in Nöten oder von Brüdern, die sich bekämpften, zu veranstalten. Er verfolgte damit kein besonderes Ziel, sondern wollte einfach nur die stillen Wüstennächte mit Leben füllen.

Die Unterhaltungen waren in vollem Gange, als sie sich plötzlich an diesen alten, grummeligen Mistkerl erinnerte, der nicht mehr ganz bei Sinnen war. Dehya bemerkte, wie ihre Stimmung kippte, und verzog die Mundwinkel, ohne sich etwas anmerken zu lassen.

In dieser Nacht lehnte sie eine Reihe einfallsloser und lachhafter Namen wie „Erste der Wüste“ und „Bluttriefendes Großschwert“ ab. „So viel zu diesem Unsinn“, dachte sie. Letztendlich ist ein Name nur eine Art Platzhalter, und die praktisch veranlagten Bewohner der Wüste bestreiten ihren Lebensunterhalt nicht mit Namen.

In diesem Moment meldete sich ein alter Söldner zu Wort. Zuerst schnaubte er über den schlechten Geschmack seiner Mitstreiter, dann fragte er: „Habt ihr jemals von der Legende des Löwen gehört?“

Natürlich hatte Dehya schon davon gehört. In ihrer Kindheit hatte ihr Vater ihr viel zu viele alte Geschichten erzählt. Sie wollte alles um ihren Vater vergessen, aber die Erinnerungen, die sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt hatten, ließen sich nicht so einfach auslöschen.

In der kurzen Zeit, in der sie in Gedanken versunken war, hatten sich ihre Gefährten tatsächlich dann schon einen Namen einfallen lassen: „Feuermähne“.

Sie hasste die Person, mit der sie die Legende des Löwen in Verbindung brachte, und hatte keine Lust, diesen Titel anzuerkennen, aber als ihr die Worte der Ablehnung über die Lippen kamen, empfand sie es als zu kleinlich, eine so freundliche Geste wegen einer solchen Lappalie auszuschlagen.

Willst du allem aus dem Weg gehen, was mit jemandem zu tun hat, mit dem du nicht mehr verbandelt bist, nur um nicht mehr an ihn zu denken? Das ist nicht nötig. Mehr noch, die Wärme, die diese Geschichten Dehya vermitteln, ist nicht falsch; sie führen sie hinaus in die Welt, mit weit geöffneten Augen, um zu sehen und zu fühlen. Nichts daran ist falsch.

Also, warum nicht? „Feuermähne“, der Name hat doch was.

Dehya ist eine Schönheit und jeder, der sie kennt, bestätigt das.

Sie hat markante eisblaue Augen, eine honigfarbene Haut, die im Sonnenlicht geradezu funkelt, und langes, schneidiges dunkelblondes Haar, das im Takt ihres zügigen Schrittes immerzu wallt.

Die Wüstenbewohner glauben, dass eine schöne und athletische Frau ein Symbol für Vitalität ist und verehrt werden sollte.

Dehya schätzt ebenfalls ihre eigene Schönheit. Wann immer es ihre Umgebung zulässt, nutzt sie jede Gelegenheit zum Duschen und versucht nach Möglichkeit, Schweißgeruch zu vermeiden. In ihrer Freizeit kauft sie gerne auf dem Markt persönliche Artikel wie Eyeliner, Parfüm und andere Kosmetika für jeden Anlass ein. Sie ist es gewohnt, sich jeden Tag zu schminken, und verbraucht diese Produkte in Windeseile.

Söldner gelten als ein relativ rauer und ungestümer Menschenschlag, der es gewohnt ist, zu kämpfen und zu töten, und der nicht viel Wert darauf legt, sich rauszuputzen. Dehyas Gewohnheiten stechen also offensichtlich ziemlich heraus. Manchmal, wenn ihre Gefährten es nicht recht verstehen, fragen sie Dehya, warum sie so viel Wert auf so etwas legt.

Was könnte es wohl sein? Wüstenbewohner stinken einfach manchmal, und der Geruch ihrer abgelegten Stiefel kann einen glatt umhauen.

Ein Kerl, der vor miefigem Schweiß trieft, der sich zehn Tage lang nicht die Füße gewaschen hat und dazu noch das Maul voller Alkohol hat, kann die Luft eines ganzen Hauses verpesten.

Und jetzt stell dir nur vor, wie ein Haufen solcher Typen aufeinander hockt ... egal, wie stark Dehya auch ist, dem will selbst sie nicht zu nahe kommen.

Um sich also von ihren Brüdern zu emanzipieren, die sich keinen Deut um ihr Aussehen scheren, um bei ihren Auftraggebern einen guten Eindruck zu hinterlassen und sich stets schön zu fühlen, hält sie hartnäckig an vielen persönlichen Gewohnheiten fest.

Sie hat hart gearbeitet, um so viele Mora zu verdienen, und es ist nur recht und billig, dass sie einen Teil davon für Accessoires und Kosmetika ausgibt, um sich selbst eine Freude zu machen.

Jeden Tag Strapazen wie Waffen, Feinden und dem Geschäft ausgesetzt, erlaubt ihr dieses Bisschen Sanftheit und Zärtlichkeit, ihre Deckung zu senken und mit einem offenen Herzen in die Zukunft zu blicken.

Sie ist zweifellos eine starke Söldnerin, aber vor allem ist sie eines: eine wunderschöne und freie Frau.

Im Gegensatz zu den Menschen, die die Wüste hinter sich ließen und niemals zurückblickten, ist Dehya stolz auf ihre Herkunft. Oft hat ihr ihre Identität aber auch schon Schwierigkeiten eingehandelt.

Sie verfügt über keine gezielte Ausbildung, und abgesehen von ihrem Wissen über Waffen und das Überleben in der Wüste kennt sie keine ausgefeilten Technologien, und unterscheidet sich damit wenig von vielen anderen Söldnern der „Goldbrigade“.

Ihr ist wohl bewusst, dass dies die Grenzen der Söldner sind, und dass die Energie und die Neugier der Wüstenbewohner längst von den heftigen Winden und dem heißen Sand aufgezehrt wurden. Hätte sie nicht die intelligenten Schöpfungen der Akademie gesehen, nicht die feinen Weine von Mondstadt gekostet, nicht die kunstvollen Gefäße von Liyue bewundert und nicht die mechanische Handwerkskunst von Fontaine erlebt, so wäre sie wohl nie in der Lage gewesen, die Grenzen dieses Lebens zu erkennen.

In Sachen Mut können die Regenwaldbewohner den tapferen Menschen aus der Wüste nicht das Wasser reichen. Und was ihre Zähigkeit anbelangt, so wurde das Land vom Wind erodiert und von den Stürmen zerrissen, und dennoch leben die Wüstenbewohner von Generation zu Generation weiter hier, unverwüstlicher als die Berge und Felsen selbst.

Aber Wüstenbewohner sind eben auch kurzsichtig und wenn sie nicht sehen, was jenseits ihres Horizonts liegt, dann bleiben sie auch auf ewig im Sande stecken.

Das wenige, was an verdienten Mora übrig bleibt, ist schnell für guten Wein und Essen ausgegeben und verschwindet, als hätte der trockene Sand selbst es verschluckt. Einige wenige kluge Köpfe wissen, dass sie nach Veränderungen streben sollten, aber sobald sie ein besseres Leben anstreben, vergessen sie die alten Sande und interessieren sich nur noch für sich selbst.

„Warum können wir nicht besser und klüger sein? Warum müssen wir schuften, ja sogar unser Leben opfern, um ein etwas besseres Leben zu haben?“

Die Sandebenen haben sie genährt und ihnen Grenzen gesetzt, und es war immer Dehyas Wunsch, diese Grenzen zu überwinden. Und selbst unter diesen Umständen fragt sie sich, was die Zukunft wohl für sie bereithält.

Wie weit man gehen kann, ist nicht rein subjektiv, und genau das hat sie verstanden. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, wird sie etwas für die Menschen, die noch immer in der Wüste sind, tun und ihnen Hoffnung geben.

Der Sand ist ihre Heimat, und das vergisst Dehya niemals.

Laut Kusayla erzittert vor dem Gebrüll eines Löwen sogar die Sonne selbst.

Die kleine Dehya hatte noch nie einen echten Löwen gesehen und glaubte, was er ihr da erzählte.

Kusayla beschrieb der kleinen Dehya anschaulich, wie die glühende Sonne die Erde versengte und den Boden in Staub verwandelte, wie die Luft auf der Oberfläche des Bodens durch ihre glühende Hitze verzerrt wurde und wie der Löwe durch eben dieses feurige Land jagte. Sie vermochte dem Löwen nichts entgegenzusetzen, und er wagte es sogar, zu brüllen, und jagte die Sonne so lange, bis keine Spur mehr von ihr zu sehen war.

Welch mächtiges Geschöpf der Löwe doch ist.

Gebannt lauschte die kleine Dehya mit leuchtenden Augen den Erzählungen.

„Ein Löwe ...“, Kusayla sah sich um und packte dann zum Vergleich eines der Mitglieder am Arm, einen dürren Kerl, „ein Löwe könnte zehn von seiner Sorte problemlos besiegen.“

„Und du? Kannst du einen Löwen besiegen, Kusayla?“ fragte die kleine Dehya.

„Schwer zu sagen, aber ich bin sehr geschickt. Ich sollte in der Lage sein, einen Löwen zu schlagen.“ Kusaylas Gesichtsausdruck war so bedächtig, dass keine Anzeichen von Prahlerei zu erkennen waren.

„Wenn ein Löwe mich angreift, dann ... ducke ich mich schnell, gelange unter ihn und ... wusch ... schlitze ihm mit meinem Messer den Bauch auf. Das überlebt er nicht.“

Kusayla begnügte sich aber nicht mit einem Lippenbekenntnis, sondern forderte ein Mitglied der Gruppe auf, den Löwen zu spielen. Er wollte der kleinen Dehya demonstrieren, wie man einem Löwen zeigt, wo der Frosch die Locken hat. Aber ihre Vorführung war viel zu gekünstelt, das Brüllen des Löwen wirkte überhaupt nicht imposant, eher wie das Bellen eines Hundes.

Die kleine Dehya war wenig überrascht davon, so war Kusayla eben, man durfte nicht alles ernst nehmen, was er sagte; tat man dies, war man schnell aufgeschmissen, und meist blieb einem dann nicht mehr übrig, als gemeinsam mit ihm zu lachen.

Aber die Geschichte des Löwen hatte sich in ihr Herz gebrannt.

Viele Jahre vergingen. Als Dehya dann mit ihren Freunden über einen griffigen Spitznamen diskutierte, erinnerte sie die Erwähnung des Löwen an die alten Geschichten und an Kusayla, der sie ihr erzählte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich bereits zu weit von ihrem Vater entfernt, um sich voller Zuneigung an ihre Kindheit zu erinnern.

Erst heute verstand Dehya endlich Kusaylas Gedanken dahinter, aber die Verstorbenen waren bereits ins ewige Traumland entschwunden.

Es war das unwiderrufliche Bedauern ihres Lebens. Aber sieh es mal positiv – um in der Wüste zu überleben, darf man nicht immer nur das Schlimmste annehmen. Jetzt kann sie sich voller Offenheit und Zufriedenheit an die Geschichten erinnern, die ihr Vater ihr erzählt hat.

Wenn Dehya so an ihre frühen Jahre zurückdenkt, leuchten ihre Augen wie ein nächtliches Lagerfeuer in ihrer Kindheit.

Sie würde ein echter Löwe werden, und all die Geschichten, die Kusayla erzählt hatte, würden in ihr weiterleben.

Dehya kann sich nicht genau daran erinnern, wann ihr das „Göttliche Auge“ zuteilwurde; wahrscheinlich zur selben Zeit, als sie zum ersten Mal unabhängig war.

Damals wollte sie nichts anderes als stärker zu werden.

Als Söldnerin bedeutete Schwäche, dass man nicht genügend Aufträge bekommen konnte, was wiederum bedeutete, dass es keine Mora für Lebensmittel gab.

Zu genau dieser Zeit erhielt sie das „Göttliche Auge“. Dehya war zu diesem Zeitpunkt so knapp bei Kasse, dass sie sogar mit dem Gedanken spielte, das Göttliche Auge selbst zu verkaufen.

Die Leute sagten, dass dieses leuchtende Schmuckstück ein Beweis für die Gunst der Götter sei; sie war allerdings anderer Meinung. Wenn die Götter ihr ihre Gunst erweisen wollten, hätten sie ihr lieber jeden Tag ein paar Mora schicken sollen, anstatt dieses nutzlosen Tands. Wie sollte man davon bitte seinen Unterhalt bestreiten?

Und obwohl das Göttliche Auge ihr dabei helfen sollte, ihre Elementarkräfte zu kanalisieren, so kam es im Kampf doch vor allem auf Geschicklichkeit, Urteilsvermögen, strategisches Denken und körperliche Eigenschaften an.

Die Geschichte der Söldner kennt viele berühmte Krieger, aber keiner von ihnen besaß das Göttliche Auge. Ihre Stärke erhielten sie durch ununterbrochenen Kampf.

Dehya wusste stets, dass jemand, der glaubt, er werde von den Göttern beobachtet, nur weil er das Göttliche Auge besitzt, gerne einmal aufhört, seinen Verstand zu gebrauchen. Er wüsste schnell nicht mehr zu schätzen, was vor ihm liege. So jemanden lässt die raue Wüste schnell den Preis dafür zahlen; er müsste nicht einmal darauf warten, dass seine Feinde zuschlagen.

Die Geschichte ihrer späteren Erfahrungen sollte ein weiterer Beweis dafür sein, dass die Macht der Götter ihre Grenzen hat. Denn trotz größter Macht und Weisheit können einem Gott die Hände gebunden sein.

Dehya liebt ihr Göttliches Auge, aber sie wird sich sicher nicht verbiegen, und nach einer bloßen Berührung göttlicher Aufmerksamkeit zur gläubigen Anhängerin werden.

Sie ist und bleibt eine Söldnerin und sie überlebt, weil sie sich auf ihre Waffe verlässt. So jemand vertraut am besten nur auf sich selbst; dem Selbst, das in unzähligen Schlachten Blut, Schweiß und Tränen vergossen hat.